Milch ist eines der wichtigsten Lebensmittel hierzulande. Kaffee ohne Milch? Für viele undenkbar. Ostfriesischer Tee ohne Sahne? Aber hallo! Ein Abendbrottisch ohne Käse? Fehlanzeige. Nur noch Bitterschokolade? Milky Way zartbitter?
Eine riesige Palette von Milchprodukten begleitet unseren täglichen Speiseplan. Deswegen fällt es auch auf, wenn die Milchpreise steigen oder fallen.
Im letzten Herbst ging es durch die Presse: Die Milchbauern forderten mehr Geld für den Liter Milch. Durchschnittlich 37 Cent bekamen sie im Sommer 2007, 43 Cent war ihr Ziel. Einzelhandel und Molkereien mussten sich einigen, da die Milchbauern mit Streiks drohten. Der Milchpreis für den Endverbraucher stieg. Alles gut?
Nach Angaben des Online Service der deutschen Milchindustrie Milch & Markt gibt eine deutsche Milchkuh im Schnitt jährlich 6800 Liter Milch. Bei 40 Cent pro Liter (wiegt ein Liter Milch 1 kg? Ich lege das mal zugrunde) macht das einen Umsatz pro Kuh von 2720 Euro. Klingt doch nicht schlecht! Macht pro Tag und Kuh einen Umsatz von 7,40 Euro. Da wird schon klar: Von zehn Kühen kann der Landwirt nicht leben. Bevor die Milch aus der Kuh in die Milchkanne kommt, muss die Kuh ja erstmal fressen. Im Sommer darf sie vielleicht auf die Weide, im Winter ist aber Silage angesagt und weiß Gott, was so eine Kuh noch alles braucht. So eine Kuh frisst schon was weg. So eine Kuh muss auch mal in den Stall, mindestens zum Melken. Da steht also eine Melkanlage. Die gibt es nicht für 1000 Euro gebraucht bei ebay, da muss der Landwirt schon tiefer in die Tasche greifen, denn Milch als wertvolles Lebensmittel muss sorgfältig verarbeitet werden. In der Kuh (die darf keine Krankheiten oder Entzündungen haben), beim Melken (schnell und sauber muss das sein), beim Zwischenlagern (die Milch muss, soweit ich weiß, möglichst schnell runtergekühlt werden), beim Abfüllen in Milchkannen. Wenn man sieht, was an Kosten also alles entsteht: Personalkosten, Maschinenkosten, Futterkosten, Stromkosten, kommen einem die 7,90 Euro Tageseinnahmen nicht besonders hoch vor. Rund 100.000 Milcherzeuger in Deutschland besitzen rund 4.000.000 Kühe. Würde einen durchschnittlichen Bestand pro Betrieb von 40 Kühen ausmachen. Also einen Tagesumsatz von 296 Euro. Wieviel bleibt nach Abzug der Kosten davon übrig? Die Hälfte? Sicher nicht. Rechnen wir jetzt mal nur 3 Cent weniger pro Liter haben wir nur noch 275 Euro Umsatz. Kann man 40 Tiere mit zwei Personen bewirtschaften? Möglicherweise …
Das sind jetzt alles – wie passend – Milchmädchenrechnungen, ungenau und Pi mal Daumen.
Da gbt es wieder Zuschüsse und Beihilfen, aber auch stark steigende Futterpreise und Steuern und „Störfälle“ wie Krankheiten und Parasiten bei den Tieren, Krankentage beim Personal, Störungen bei den Maschinen. Ich denke, wer Milchvieh hält, kann davon Leben, ist aber nie auf der ganz sicheren Seite.
Wenn jetzt der Einzelhandel Milch verkloppt, die gerade mal ein paar Cent teurer ist als die Produktionskosten, wenn die Molkereien sich über den Tisch ziehen lassen, wenn die Verbraucher den Wert eines Lebensmittels nicht zu schätzen wissen … ja, ich kann mir vorstellen, dass man da ein ums andere Mal ordentlich frustriert ist und die Milch lieber auf die Wiese schüttet, als in die Molkerei zu liefern. Kann man mal ein paar Tage machen. Als Demonstration.
Die Milchpreispolitik der EU ist eine komplizierte Sache, ein Geflecht aus Subventionen, Überproduktionen, Marktmanipulationen. Da kann man Bücher drüber schreiben und hat hinterher immer noch nicht erklärt, was da eigentlich passiert.
Einfach zu erklären ist aber, was der Verbraucher in diesen Tagen machen kann. Gehen wir doch einmal in uns: Die Milch vom Discounter, die Milch aus dem Supermarkt – welchen Preisunterschied haben wir hier? Möglicherweise 30 Cent pro Liter? Gut. Jetzt jeder Einzelne: Wieviel Milch verbrauchen Sie so in der Woche? 3 Liter? Meine Güte, da können Sie ja ungefähr satte 4 Euro im Monat sparen! Sie verbrauchen 6 Liter? Okay, 8 Euro schlagen da schon ins Gewicht! Möglicherweise 10 Euro. Dafür könnte man natürlich bei Aldi eine Sommerhose kaufen. Oder ein Tischtennis-Set. Einen Wischmop mit Eimer!
Wir können aber die 10 Euro auch investieren in … Milch! Den Discountern zeigen: Euren billigen Kram könnt ihr unseretwegen zu Milchpulver machen. Wir Verbraucher bestimmen letztendlich den Markt, und wir dürfen auch mal Gewissen zeigen. Wäre doch mal was … also kaufen Sie doch morgen mal Ihre Milch nicht beim Discounter. Wäre spannend, was passiert, wenn wir das alle machen würden …
Hat die „Lotta“ erfunden. Kocht täglich. Steht vor allem auf asiatische Küche und Hausmannskost. Mag keine Tiefkühlprodukte und keine Bandnudeln. Isst alles außer … Grünkohl!