Schäfervesper mit Ziegenwanderung im Rheingau

Wie kommt man an ein echtes Schäfervesper? Indem man mit einem Schäfer wandert und ihn nach Stunden überreden kann, doch etwas von seiner köstlichen Schafsalami abzugeben. Wenn man ihn dann nochmal überredet, auch noch ein Stück von seinem Sauerteigbrot abzugeben, hat man es geschafft und hat ein schönes Schäfervesper. Es geht aber auch einfacher. Man telefoniert mit dem Weingut Michael Rößler in Lorch im Mittelrheintal und reserviert einen Platz bei der Ziegenwanderung, die die Rößlers anbieten.

Ziegenwanderung mit Ziegenbock FelixHat man gebucht, gibt es die Schäfervesper inklusive, denn das gehört zum Programm dieser Wanderung. Die Ziegenwanderung, die Michael zusammen mit Marion aus  Niederheimbach anbietet, ist das Ergebnis eines Programmes zur Entbuschung im Mittelrheintal. Während anderen Ortes um jeden Baum oder Strauch gerungen wird, ist es im Mittelrheintal gerade anders. Ein Ausflug in jüngere Vergangenheit: Als das Mittelrheintal 2002 den Status Weltkulturerbe der UNESCO erhalten Die Verbuschunghatte, war damit auch die Pflege der Kulturlandschaft aus Obst- und Weinbauterassen mit Knüppelwald und Schieferabbrüchen verbunden. Von den 3.000 ha Weinbau sind gerade einmal 600 ha übrig geblieben. Und Obstanbau findet allenfalls noch für den Privatgebrauch statt. Kein Wunder, greifen wir doch selbst im Supermarkt oder auch auf dem Markt fast bedenkenlos auf Importe, gar Überseeimporte, zurück. Resultat: Die Flächen werden aufgegeben und verbuschen. Als erstes kommt die Brombeere und dann entsteht ein Niederwald und die Landschaft verändert sich, verliert ihren Charakter. In Niederheimbach hat man sich entschlossen, die Verbuschung brachliegender Flächen mit Ziegen zu bekämpfen. Ziegen haben die grandiose Fähigkeit sogar Brombeerhecken niederzufressen, und sie fressen die Fläche radikal frei. Auch Disteln, junge Bäume und sogar der für andere Pflanzenfresser giftige Efeu wird vertilgt. Die Gelände werden Kahlgefressene Parzelle mit Kamerunziegen besetztdazu eingezäunt, anschließend werden die Ziegen reingeschickt und der Kahlfrass beginnt. Nach den Ziegen kommen dann die Schafe (Bild rechts: hier sind es Kamerunschafe, die fast wie Ziegen aussehen) und übernehmen die weitere Pflege. Gibt es eine ökologischere Pflege der Landschaft? Marion erklärte uns an verschiedenen Stellen, wie das funktioniert, und soweit ich es verstanden habe, wird das Projekt aus Landesmitteln des Programms PAULa finanziert und von ehrenamtlichen Helfern getragen. Und es wird von den Kindern des Ortes getragen, die mit Liebe und Freude sich den den kleinen und großen Ziegen widmen. Es ist beeindruckend, wie souverän sie mit den Tieren umgehen. Unser mitgebrachtes vor rechts: Marion mit Tochter und Vera„Stadtkind“ aus Königstein wurde sofort integriert, fütterte mit, führte  Ziegenbock Felix, freundete sich auch mit Harry, dem jungen Border Collie von Michael an und auch mit der Isländerstute Lisa. Am Ende der nicht anstrengenden Wanderung wartete dann das Schäfervesper. Und es war köstlich. Verarbeitet wurden die Produkte der Region: Die Ziegen, die aus der Gruppe heraus genommen werden mussten, werden von einem lokalen Metzger verarbeitet. Mein persönlicher Favorit war die Ziegenleberwurst. Lecker war auch die Ziegenbratwurst, kalt, konserviert in der Dose. Auch die Schafsalami war gut, und eindeutig „schafig“. Für die Käsefraktion gab es Ziegenfrischkäse, Ziegenrolle und einen halbfesten Ziegenkäse, allerdings nicht aus heimischer Ziegenmilch, da die Ziegen nicht gemolken werden – der Aufwand wäre zu groß. Isländerstute Lisa bei der ZiegenwanderungUnd dann ist da auch noch die EU-Verordnung für Milchprodukte. Die Platten waren mit Kirschtomaten, Weintrauben, Gurken und Eiern von freilaufenden Hühnern dekoriert. Müssen Ziegenwurst- und Käsebrote rutschen? Sie müssen! Und zwar mit den Weinen, die Michael uns vorstellte. Zu Beginn ein Einstieg nach meinem Geschmack, ein trockener Riesling mit 1,6 g Restzucker, trockener geht nicht, wunderbar (Lorcher Pfaffenwiese, Riesling Kabinett trocken, Jahrgang 2009).

Die Kulturlandschaft: WeinstöckeAnschließend ein Riesling „alte Rebe“ (Lorcher Schlossberg, Jahrgang 2009), füllig, stoffig, er hatte 100 Öchslegrad Mostgewicht, eine Granate . Die Weine wurden von Michael vorgestellt und die Lage auf der gegenüberliegenden Lorcher Rheinseite gezeigt. Jetzt musste natürlich ein „Kompromisswein“ folgen, ein halbtrockener Riesling, schön, wer’s mag. Aber danach kam schon Spätburgunder Weißherbst Lorcher Bodenthal-Steinbergwieder ein Knaller, ein halbtrockener Spätburgunder Weißherbst (Lorcher Bodenthal-Steinberg, Spätburgunder), rund, mit schönem Goldton und feiner Spätburgunder-Nase. Ein Traum für unsere Mädels, aber nicht nur für sie. Zum Abschluss gab es zwei Rote. Einen Regent (Lorcher Schlossberg, trocken, Jahrgang 2009) eine neuere Züchtung, präsentierte sich frisch und fruchtig, erinnerte ein wenig an Merlot. Und dann kam natürlich der König der Roten im Rheingau. Es war ein trockener Spätburgunder, mit feiner Nase und schön samtig, sehr schönem Abgang, bei nicht übermässigem Alkoholgehalt. Selten ist man so nah dran an den Erzeugnissen der Region, der Wurst, dem Brot, dem authentischen Wein. Serotonine ganz ohne Schokolade.

Es ist ein Tag, an dem man nachdenkt , wo man wenigstens in Teilen einfach authentischer sein kann, und am Ende dieses schönen Tages hat man ein gutes Karma, wie die Buddhisten sagen würden.

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Schäfervesper mit Ziegenwanderung im Rheingau

Gargantua 10:38