Lorcher Kulturtage: Weinwanderung durch historische LorcherWeinlagen

Schon im vergangenen Jahr hatten wir an dieser Weinwanderung am 3. Oktober teilgenommen. Der Termin ist ja leicht zu merken und bedarf keiner weiteren Erinnerung. Diesmal waren wir auch angemeldet, so dass wir ohne Stress zum Treffpunkt am Wispergrill kommen würden. Ohne Stress, na ja nicht ganz. Diesmal machte der RMV richtig Stress, wurde doch auf der Strecke zwischen Frankfurt und Koblenz ein, in Zahlen 1, Triebzug eingesetzt. Laut VIAS, dem neuen Betreiber dieser Strecke, ist der vierteilige „FLIRT“ mit großzügigen 230 Sitzplätzen ausgestattet. Die Zahl der Stehplätze wird nicht genannt. Bei lebhaftem Feiertagsverkehr, traumhaften Spätsommerwetter mit 27°C und mehreren Veranstaltungen im Rheingau die absolute Fehlplanung. Ab Frankfurt-Höchst war der Zug richtig voll. Ab Wiesbaden konnte niemand mehr zusteigen. Es ging einfach nicht mehr. So wundert es nicht, dass VIAS die DB unterbieten konnte, mit radikalem Sparkurs zu Lasten der Reisenden. Angekommen sind wir nach über einer Stunde Stehplatz dennoch. Das Traumwetter und die Vorfreude auf die Weinbergswanderung versetzten uns aber in gute Stimmung. Der Aufstieg auf den Weiselberg, vorbei an ehemaligen Weinlagen wie Bocksberg, Bettelpfad und Nacktarsch, führte uns zum ersten Probierstand vom Weingut Germersheimer. Der Riesling trocken und der Spätburgunder Weißherbst konnten uns nicht überzeugen. Das ist wohl auch dem konsequent trockenen Ausbau mit 1g/l Restzucker bei mäßigen 11% Alkohol bspw. für den Riesling geschuldet. Der Spätburgunder Rotwein war etwas stoffiger, mit schöner Burgundernote. Aber auch hier alle trockenen Rotweine des Weingutes  mit weniger als 1g/l Restzucker.

Sorgen machen muss man sich nicht, dass der Riesling mit der Klimaänderung verschwinden wird. Man könne immer noch in höhere Lagen ausweichen, die früher wegen kalter Winde aufgegeben wurden, so der Winzer Germersheimer. Am Weiselberg ist man immerhin auf 340 Meter über NN. Der Spätburgunder ist vielleicht eher ein Sorgenkind, hatte der Winzer doch eine Lese mit 114° Öchsle. Das gibt grobgerechnet etwas über 14 % Alkohol. Daraus lässt sich kein frischer Weissherbst mehr keltern. Über die Panzerstrasse ging es weiter bergauf bis zum höchsten Punkt der Wanderung, der Anhöhe über der Ruine Nollig, mit einem traumhaften Blick auf den Franzosenkopf und den östlichen Soonwald. Hier empfing uns das Weingut König. Diesmal gab es auch kleine Snacks, aber wir hatten uns ausreichend versorgt und konnten den saftigen Riesling, einen wunderbaren Blanc de noir und Spätburgunder verkosten. Hier favorisierten wir die weißen Weine, den Rotwein etwas verhaltener, obwohl er auf Grund seiner Gerbsäure bestimmt noch Potential hat. Die Weine des Weingutes König überzeugten, auch wegen ihres Preis-/Leistungsverhältnisses. Für die Purzel gab es leckeren Traubensaft, und an allen Probierständen wurden wir mit ausreichend Mineralwasser versorgt.

Von nun an ging’s nur noch bergab, was bestimmt den ganz Kleinen gefallen hat. Die Weinwanderung ist ein echter Familienausflug, generationsübergreifend, die Jüngsten waren kaum älter als vier Jahre. Chapeau! Und die familiäre Atmosphäre wird auch von Biologe Dr. Ehmke und seiner Gattin Frau Dr. Haschä mit ihren netten Erklärungen zu den alten Lagen, den besonderen Pflanzen im Mittelrheintal gefördert. So habe ich erfahren, dass die kanadische Goldrute, jeder kennt sie, ein Neophyt ist, der allerdings schon im 17. Jhdt. nach Europa kam. Auf Frankfurterisch würde man sagen ein „Eingeplackter“ und einmal eingeplackt, für immer eingeplackt, auch nach Jahrhunderten. Nix da mit einheimisch! Frau Haschä glänzt zudem noch mit Erklärungen über die vielen Heilpflanzen, die man am Wegesrand finden kann, und die schon bei Hildegard von Bingen verwendet wurden.

Durch den schattigen Peterwald gelangten wir oberhalb der Ruine Nollig zum letzten Probierstand vom Weingut Nies. Hier überzeugten der trockene Riesling und der sehr schöne Blanc de noir. Sehr feine, elegante Weine und ein wirklich überzeugender Spätburgunder Rotwein. Der  Abstieg nach Lorch ging durch einen in den Schiefer gehauen Hohlweg, absolut sehenswert. Das Ziel war die Probierstube des  Weingutes Graf von Kanitz. Dort gab es ein Vesper mit kleinen „Schweinereien“ die die Region zu bieten hat, Leberwurst, Blutwurst, Wildschweinsülze, Kochschinken und geräuchertem Schinken. Der Käse ist, wie so oft bei dieser Art Vesper, nicht erwähnenswert. Außer dem Spundekäs. Das können sie eben. Fazit: Wieder eine gelungene Veranstaltung des Kultur- und Heimatvereins Lorch, die richtig Spass gemacht hat. Nette Menschen, unkomplizierter, launiger Smalltalk. Und den dritten Oktober kann man sich auch leicht merken.

Doch etwas gibt es noch zu bericheten. Die Heimfahrt mit VIAS gestaltete sich wie die Hinfahrt: das Leben in vollen Zügen genießen.

Veranstalter ist der Kultur- und Heimatverein Lorch. Er ist zu erreichen über die Webseite der Stadt Lorch: www.stadt-lorch-rheingau.de oder per e-mail unter:

kulturheimatverein.lorch@yahoo.de

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Gargantua 10:15