Gutsausschank Antoniushof in Rauenthal (Rheingau) – die Servicehölle

Ich bin noch immer sprachlos und weiß gar nicht wie ich meinen Bericht anfangen soll. Das gestern erlebte in Sachen Service spottet wirklich jeder Beschreibung – und ich bin ja schon hart im Nehmen. Vorab noch eine Bemerkung:  mit Service meine ich  nicht alleine die Bedienung, die Essen und Getränke an den Tisch bringt, auch die Küche gehört für mich dazu. Es reicht nicht, dass die Speisen gut zubereitet werden. Sie sollten auch zeitnah und warm beim Gast ankommen.

Aber der Reihe nach: Für das Wochenende war schönes Spätsommerwetter angekündigt und das sollte für eine kleine Wanderung durch den Rheingau genutzt werden. Also ging es um zehn mit dem Zug vom Höchster Bahnhof nach Eltville. Von dort waren es knapp 90 Gehminuten bis zu unserem Ziel der Gutsschänke Antoniushof in Rauenthal. Als wir ankamen war nur ein Drittel der Tische besetzt und so hatten wir wenig Probleme mit der Platzwahl. Ein halb sonniges, halb schattiges Plätzchen neben rankendem Wein an der Hauswand – der übrigens schon viel versprechende Trauben trug – war unsere erste Wahl. Kurz darauf kam auch schon die Bedienung, entschuldigte sich, dass noch nicht  eingedeckt sei, weil gerade eine Hochzeitsgesellschaft ihren Frühschoppen beendet hatte und reichte uns die Karte… eine Karte für den ganzen Tisch… aber da wir hungrig und durstig waren, übersahen wir dies Menetekel und  das Drama nahm seinen Lauf…

Servicehölle Antoniushof

Was wir nicht ahnten, nicht ahnen konnten, weil wir die Gastwirtschaft aufgrund einer Empfehlung im „Der Rheingauer Weinschmecker 2006/2007“ ausgewählt hatten, war; dass wir in der Servicehölle gelandet waren. Offensichtliche Inkompetenz, Überforderung und mutmaßliche übertriebene Sparsamkeit  besorgten eine „Erlebnisgastronomie“ der unterirdischen Art.

15 Minuten nachdem die ersten Getränke serviert worden waren, konnten wir immerhin „schon“ unsere Bestellung aufgeben – okay, ich muss zugeben, dass die Wahl des Gerichtes etwas länger dauerte, zum einen hatten wir ja nur eine Karte und außerdem brauchte ich etwas länger… das war um 12:40 Uhr. Nun war ja Sonntag, wir hatten Zeit und unterhielten uns nett, so dass die Zeit dahin plätscherte…  was unsere Mägen allerdings nicht beeindruckte und so meldeten sie sich nach einiger Zeit und forderten ihren Tribut. Die Uhr zeigte 13:30 Uhr und die Bedienung entschuldigte sich für die Verzögerung, aber die dritte Kraft in der Küche hätte sich verspätet. Hm, interessiert mich das als Gast? Nö, bei der örtlichen Arbeitsagentur steht zuverlässiges Personal garantiert Schlange, also bitte!  Nun wanderte der Blick doch des öfteren zu den verlockenden Trauben an der Hauswand. Eine kleine Probe zeigte jedoch, dass es nicht lohnend war, für diese – noch nicht ganz reifen Früchte – Auseinandersetzungen mit den zahlreich anwesenden Wespen zu riskieren, denen die sauren Früchte durchaus schon gefielen.

Etwas verblüfft waren wir, als dann plötzlich ein Auto auf den Hof einfuhr und dort parkte. Nur wenige Minuten später folgte ein zweites. Nein, das waren keine Lieferanten und auch keine Taxis, sondern Gäste, die dort allen Ernstes parken wollten – was ihnen auch durchaus erlaubt war, wie ein Schild an der Hauswand verkündete. Erlaubt oder nicht, nur zwei stinkende Benzinkutschen verwandelten das Flair des Hofes binnen Minuten von „nette Straußenwirtschaft“ in „Parkplatz einer drittklassigen Autobahnraststätte“.

autos-im-antoniushof

Leicht beunruhigt lauschten wir der Unterhaltung am – mittlerweile besetzten – Nachbartisch. „Das Essen dauert hier ja immer länger, aber so lange hat’s bisher noch nicht gedauert“. Na toll…. mhh, waren die unreifen Trauben wirkliche keine Alternative? Aber dann war es endlich soweit: Um 13:40 Uhr kam der Salat zum ersten Gericht. Aber was war das? Salat ohne Dressing? Öhm… ach ne, da isses… unter dem Salat versteckte es sich. Sowas hab ich auch noch nicht erlebt, aber die Erklärung ist einfach: wenn der Service langsam ist und die Salate längere Zeit darauf warten zum Gast gebracht zu werden, dann macht es natürlich Sinn das Dressing nicht darüber zu geben – sonst fällt der Salat ja zusammen bevor er auf den Tisch kommt. Die Entdeckung des Dressings war auch ein geschmackliches „Erlebnis“. Es bestand scheinbar aus Sahne, Essig und … äh… nix weiter… Kräuter und Gewürze waren nicht erkennbar. Das war zwar nicht wirklich schlecht, aber irgendwie laaaangweilig. Jedenfalls war er frisch und knackig der Salat.

Salat mit seltsamen Dressing im Antoniushof

Und wieder war Warten angesagt. Bis zum nächsten Intermezzo: „Reis ist leider aus“. Diese Aussage traf mich wie ein Keulenschlag. Sowas hatte ich noch nie erlebt. Das eine Hauptzutat ausgeht, okay… aber Basics wie Reis oder Nudeln? Unfassbar! Unser Mut sank… kann eine Küche, die schon mit der Disposition des Grundbedarfs offenkundig überfordert ist, auch nur halbwegs Genießbares auf den Tisch bringen? Und als wär‘ dies nicht genug, kam kurz darauf vom Nachbartisch die nächste Hiobsbotschaft (dort wurde gerade das Essen serviert… u.a. der Heilbutt, den ich, garantiert vor denen, ebenfalls geordert hatte): „das ist aber nicht mehr so ganz warm“. Na prima, lausiger Service, elend lange Wartezeit und dann wird lauwarmer Fraß serviert… sollte der Sonntag so enden?

Aber die Beantwortung dieser Frage sollte noch eine Weile auf sich warten lassen. Zunächst war wieder Warten angesagt. Um 14 Uhr dann endlich die frohe Botschaft: „in 5 Minuten kommt das Essen… Entschuldigung, dass es heute so lange dauert“.  „Entschuldigung“ das war eindeutig, dass am meisten gehörte Wort des Tages.  Zäh verannen die Minuten… 5 … 10 … 15 …. endlich …. nur wenige Minuten vor der selbst gesetzten Deadline – nach deren Erreichen wir die Bestellung storniert hätten und gegangen wären – war es endlich soweit, das Essen kam! Und es sah nicht schlecht aus, auch wenn der Teller etwas verunstaltet aussah, mit diesem bescheuerten Grünzeug, das rings um den Tellerrand gestreut war.  Hallo, „der Tellerrand gehört dem Gast“ und der will da keine gut gemeinte, aber schlecht gemachte Deko haben!

Heilbutt in Wirsingblatt auf Weißweinsoße mit Reis (ach nein, der war ja aus; also mit Bandnudeln) und Lachs mit gefüllten Kartoffeln. Die Spannung war – ebenso wie der Hunger – ins Unermessliche gestiegen. Und endlich ein Lichtblick: Die Küche war zwar unerträglich lahm, aber wenigstens halbwegs gut. Und wenn man demnächst auch noch die Strünke aus den Wirsingblättern entfernt, ausreichend Reis bevorratet und nicht ganz so sparsam mit der Soße ist, könnte es sogar für ein „gut“ reichen.

Heilbutt im Wirsingblatt auf Weißweinsoße aber ohne Reis

Heilbutt im Wirsingblatt auf Weißweinsoße aber ohne Reis

Lachs und gefüllte Kartoffeln

Lachs und gefüllte Kartoffeln

Epilog

Es wundert sicher niemanden, dass es auch beim Bezahlen noch Schwierigkeiten gab, oder?! Nachdem die Bedienung die EC-Karte in Empfang genommen hatte, verschwand sie erstmal für 10 Minuten. „Tut mir leid, aber Kartenzahlungen macht nur der Chef  und den finde ich gerade nicht“. Okay, angesichts des Sevice-Chaos hätte es auch schon einigen Mut von Seiten des „Chefs“ erfordert, sich blicken zu lassen und mal selber Hand anzulegen. Aber zumindest sollte er dann seinen Mitarbeitern die Abwicklung von Kartenzahlungen beibringen. Fast 20 Minuten Wartezeit, bis eine inkompetente Bedienung das schafft sind einfach inakzeptabel! Immerhin blieb uns das Los des Nachbartisches erspart, bei denen wohl die Rechnung nicht stimmte – jedenfalls mussten sie sich Position für Position erläutern lassen.

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich der „Chef“ nicht blicken ließ, um sich wenigstens persönlich für den lausigen Service zu entschuldigen. Und auch eine minimale Geste der Entschuldigung (ein Gläschen Tresterschnapps hätten wir schon als solche akzeptiert) blieb aus.

Fazit

Nie wieder! Zumindest für eines ist diese unsägliche Wirtschaft gut: Um zu zeigen, das halbwegs gute Küche alleine nicht reicht. Lausiger Service und Wartezeiten jenseits von Gut und Böse sorgen für ein eindeutiges Urteil: Note 5, Klassenziel nicht erreicht.

P.S.: Ich kann nicht glauben, dass das ein Ausrutscher war und frage mich wirklich, wie dieser Laden eine recht ordentliche Bewertung in dem oben genannten Buch erhalten konnte…

P.P.S.: Jetzt hätte ich das beinahe vergessen. Die Preise waren okay. Der Wein war mit 1,90 bis 2,50 € für 0,2 l günstig, die Essenspreise angemessen. Aber das langt leider nicht. Ich werde dort nicht wieder hingehen!

Weingut Antoniushof
Antoniusgasse 11
65345 Eltville-Rauenthal
Telefon: 0 61 23 – 7 16 08
Telefax: 0 61 23 – 7 38 59

Küchenzeiten:
Werktags 15:30 bis 21:30 Uhr
Sonn- und feiertags 12:00 bis 21:00 Uhr
Ruhetag: Montag und Dienstag

0 Kommentare zu “Gutsausschank Antoniushof in Rauenthal (Rheingau) – die Servicehölle

  1. Hallo,
    Du hast die Kräuter im Salatdressing gesucht. Sie waren auf dem Tellerrand. Manchmal muss man halt auch über den Tellerrand schauen.“ggggg“

  2. @Gargantua Klingt nach Do-it-youself-Essen … da fühlt man sich dann wie zuhause, wenn man seine Zutaten selbst zusammensuchen darf. *grins*

  3. Ehrlich gesagt bewundere ich eure Geduld. Ich wäre spätestens nach dem Salat gegangen. Eigentlich hätte man dieser Lokalität die „entgangenen Urlaubsfreuden“ in Rechnung stellen müssen. Unmöglich!

  4. @Gargantua: stimmt, das wäre die Lösung gewesen. Einfach die Kräuter vom Tellerrand über den Salat gestreut. Aber da gab es ein Problem: der Zeitraum zwischen dem Servieren des Salates und dem Hauptgang (der ja erst die Kräuter lieferte) war zu lang! Bis dahin wäre der Salat bereits welk gewesen. :->

    @Jutta: na ja, es galt halt abzuwägen zwischen der Chance in dem Kaff um diese Zeit ein anderes Lokal zu finden, das geöffnet hatte (erschien uns gering) und der Wahrscheinlichkeit, dass das Essen auf den Tisch kommt, bevor der letzte Zug fährt. 😉

  5. Hallo Jürgen,

    gestern waren wir (zwei Pärchen) auch im Antoniushof – leider bevor wir Deinen Bericht gelesen haben. Ebenso wie ihr haben wir auf den Rheingauer Weinschmecker vertraut, der uns ansonsten auch nie enttäuscht hat. Gestern dafür umso mehr:
    Nur beispielsweise meine Bestellung: Pfifferlinge mit Speckbohnen und Bratkartoffeln, davor die Rieslingcremesuppe.
    Bei der Bestellung schon die erste Enttäuschung: Heute keine Suppe – schade, und hätte man v.a. schon vorher sagen können. Also andere Vorspeise (kalt), die aber erst nach 20-30 Min kam. Dazu die Hiobsbotschaft: Auch keine Pfifferlinge! Was ich denn stattdessen wolle? Man habe Steinpilze im Haus!
    Ok, irgendwas Schönes mit Steinpilzen war meine Antwort, wie gehabt mit Bratkartoffeln.

    Fast eine Stunde später: Meine Hauptspeise kommt (eine halbe Stunde nach der ersten Hauptspeise, die eine Freundin hatte und alleine essen musste).
    Überraschung: Aus den Steinpilzen waren Champignons geworden (ohne Rückmeldung von der Bedienung), die Bratkartoffeln fehlten ganz. Nach Rückfrage die Antwort weitere 5 Min später:
    Bratkartoffeln leider auch aus! Stattdessen gabs 2 Scheiben Toast. Und das mit den Pilzen: Oh ja, Entschuldigung!

    Die vierte Hauptspeise am Tisch kam gar nicht (zumindest nicht innerhalb von fast 2 Stunden), so dass wir sie stornierten.

    Da kann man nur sagen: Viel Erfolg weiterhin!

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Jürgen 7:42